Fuckparade 2001

14 july 2001 @ berlin.de  •  5 jahre hateparade


Frankfurt am Main, den 13. August 2001

Verwaltungsgericht Berlin
1. Kammer
Kirchstraße 7
10557 Berlin


Klage

des Martin Kliehm, alias DJ Trauma XP, 60314 Frankfurt,

- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin Bock, Gelbehirschstraße 12, 60313 Frankfurt am Main -

gegen das Land Berlin, vertreten durch den Polizeipräsidenten, Versammlungsbehörde, Platz der Luftbrücke 6, 12101 Berlin,

namens und in Vollmacht des Klägers beantrage ich,

festzustellen, daß die Verfügung des Beklagten vom 13.07.2001 AZ.: 07702140701 in der Form, wie sie ihren Inhalt, nach der Zurücknahme eines Teils der Auflagen per Fax vom 13.07.2001 (kein AZ) erhalten hat, rechtswidrig war.


Zur Begründung führe ich aus:

Der Kläger wird durch die rechtswidrige Verfügung in seinen Grundrechten aus Art. 8 GG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 GG, Versammlungsfreiheit, und Art 5 Abs. 1 Satz 1, Informationsfreiheit, verletzt:


Zum Verfahrensablauf

Der Kläger hat mit Schreiben vom 12.07.2001 eine Demonstration für Demonstrationsfreiheit - für die freie Wahl der Mittel einer Demonstration - für den 14. Juli 2001 als hauptverantwortlicher Leiter angemeldet.

Die Demonstration wendete sich gegen die Einengung des Demonstrationsbegriffs, der, wenn eine inhaltliche/ äußerliche Gesamtbetrachtung erfolgt, die nicht in näher definierten Grenzen stattfindet, den Versammlungsbehörden faktisch jeglichen Spielraum eröffnet, je nach Betrachterwillen und Betrachterhorizont eine Demonstration als solche zu erkennen oder nicht. Diese Betrachtung kann willkürliche Ausmaße annehmen und widerspräche der vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Mittelfreiheit.


Es wird der Veranstalter bezugnehmend auf den Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 12.07.2001 BvQ 28/01 in Sachen Fuckparade und Love Parade aus einer Pressemitteilung zitiert:

"Die Bedeutung eines differenzierten Urteils des Bundesverfassungsgerichts wird schon heute deutlich: Nicht nur Love Parade und Fuckparade wurde der Demonstrationsstatus aberkannt, sondern auch der Synchron-Parade in Hamburg, die für das Demonstrationsrecht der Love Parade auf die Straße geht, und der sogenannten Mini-Love-Parade in Leipzig. Wird dieser neuen Demonstrationsform (mit der es im Gegensatz zu klassischen Demos und Ostermärschen gelingt, wieder Massen zu mobilisieren und potenziell zu politisieren) also generell eine Absage erteilt, so ist bundesweit den Versammlungsbehörden Tür und Tor geöffnet, alles abzulehnen, was von der Wahl der Mittel im wahrsten Sinne des Wortes aus der Reihe tanzt: DGB-Job-Parade in Schwerin, Hanfparade, Christopher Street Day, Nachttanzdemo, Skater-Demos... Auch würde eine inhaltliche Bewertung in Form einer subjektiven Gewichtung vorgenommen, ob nun politische Anliegen oder nur Spaß im Vordergrund stünden. Auch damit gäbe es einen Freibrief, jede mißliebige Versammlung abzulehnen."


Die Demonstration, an der über 3000 Personen teilnahmen, führte über die Karl-Marx-Allee, Alexanderplatz, Rosa-Luxemburg-Straße zum Kundgebungsort Rosa-Luxemburg-Platz, vor der Volksbühne.

In der Anmeldung vom 12.07.2001 führte der Kläger aus, daß eine Demonstration mit Transparenten, Megaphonen, Sprechchören und Redebeiträgen vorgesehen sei, Musikwagen würden nicht teilnehmen.

Der Sender Radio Fritz hat sich nach dem Kammerbeschluß des Verfassungsgerichts vom 12.07.2001 hinsichtlich der Eilanträge der Fuckparade und der Love Parade entschlossen, sein Programm zu ändern und eine Sondersendung ausstrahlen, die redaktionell gestaltet aus der Volksbühne heraus ausführlich über die angekündigte Demonstration für das Demonstrationsrecht und die am gleichen Tag stattfindende Demonstration "Carneval Erotica" aktuell berichten und daneben Reden, Statements und Interviews der vorgesehenen Redner sowie auch Musik von DJs und MCs senden wollte, die sich mit der Demonstration für die Mittelfreiheit solidarisch erklärt hatten.


Auf der Website des Klägers rief dieser am 12.07.2001 zu der Demonstration folgendermaßen auf:

"In seinem Beschluß 1 BvQ 28/01 hat das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit, dem schwammigen Demonstrationsbegriff Konturen zu geben, nicht genutzt. Die Anträge auf den Erlaß einstweiliger Anordnungen, Fuckparade und Love Parade als Versammlungen durchzuführen, hat das BVerfG abgelehnt.

Insgesamt hat das oberste Gericht enttäuscht: Statt einer eigenen, differenzierten Betrachtung verweist das BVerfG darauf, daß es "dem Bundesverfassungsgericht im Eilverfahren grundsätzlich verwehrt" sei, "seine Beurteilung an die Stelle der von orts- und sachnäheren Fachgerichten vorgenommenen zu stellen". Die rechtliche Einordnung als Versammlung stünde allein den dazu berufenen Gerichten zu. In den vorliegenden Fällen seien die rechtlichen Bewertungen jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft. Die rechtliche Bewertung könne abschließend nur im Hauptverfahren, nicht im Eilverfahren geklärt werden.

Realitätsfremd ist die abschließende Bemerkung, auch der Fuckparade bleibe die Möglichkeit, eine Sondernutzungsgenehmigung zu beantragen. "Deren Erteilung sollte nicht allein aus zeitlichen Gründen versagt bleiben". Eine kostenneutrale Sondernutzungsgenehmigung in nur einem Tag?

Damit wurde der Fuckparade ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit verwehrt. Durch die Form eines "Straßenfestes" werden die politischen Ziele verwässert, auch gibt es erhebliche Gebühren, die an die Behörden zu entrichten sind, wodurch uns ein öffentliches Vortragen unseres Anliegens unmöglich gemacht würde. Künftig gibt es also ein Demonstrationsrecht nur noch für reiche Konzerne?

Die Veranstalter haben nun eine neue Demonstration angemeldet: Für die Demonstrationsfreiheit, für eine freie Wahl der Mittel einer Demonstration. Start ist am Samstag um 14 Uhr am Frankfurter Tor. Dann geht die Demonstration "old-school-mäßig" wie in den 68ern mit Spruchbändern, Megafonen und Sprechchören die Karl-Marx-Allee hinunter, über den Alexanderplatz und die Rosa-Luxemburg-Straße. Abschlußkundgebung ist vor der Volksbühne.

Um die Absurdität des Beschlusses aufzuzeigen, rufen wir außerdem hiermit alle TeilnehmerInnen zu zivilem Ungehorsam auf: Bringt Musikinstrumente, Trommeln und Ghettoblaster mit! Laßt uns zeigen, daß Musik und Tanzen dem Anliegen einer Demonstration nicht widersprechen! Durch das Mitbringen der Radios zeigen wir auch die immer wieder geforderte innere Verbundenheit: Radio Fritz hat sich solidarisch mit den Veranstaltern gezeigt und stellt uns von 14-20 Uhr eine Frequenz und einen Übertragungswagen zur Verfügung, über den sich unsere DJs, MCs und RednerInnen Gehör verschaffen können. Die Demo-TeilnehmerInnen stellen damit gemeinsam das Soundsystem, das uns für die Fuckparade gerichtlich verboten wurde. Laßt uns den Sound politisieren und Politik mit Sound machen!

Martin Kliehm

Mehr zur Tragweite der Entscheidung:
http://www.bembelterror.de/fuckparade/2001/fp2001_news_trauma_0710b.html"


Mit Bescheid vom 13.07.2001 bestätigte der Polizeipräsident die Anmeldung der Demonstration und verfügte eine Auflage, wonach das Mitführen von elektronischen Musikspielgeräten (wie z.B. "Ghettoblaster", Radios, CD-Player o.ä.) und Musikinstrumenten untersagt wurde.

Gegen den Bescheid wurde per Fax am 13.07.2001 Widerspruch eingelegt, über den bisher noch nicht entschieden ist.

Mit Bescheid per Fax vom 13.07.2001 nahm der Beklagte die Auflagen insoweit zurück, daß das Mitführen von Musikinstrumenten, soweit sie rein mechanisch betrieben werden, nicht mehr untersagt wurde.


Zur Rechtswidrigkeit der Auflagen

Die Auflagen sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Grundrechten aus Art. 8 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

Der Beklagte konnte nach den erkennbaren Umständen nicht von einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgehen.

Die behördliche Eingriffsbefugnis des § 15 VersG setzt eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bei Durchführung der Versammlung voraus. Die unmittelbare Gefährdung setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an den der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgütern führt. Erfaßt werden aufgrund der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 15 VersG nur elementare, zumindest gleichwertige Rechtsgüter wie insbesondere Leib und Leben von Demonstrationsteilnehmern, Polizeibeamten und unbeteiligten Dritten (vgl. BVerfGE 69, 315 ff., 352).

Soweit der Beklagte die Nichtkonformität der Demonstration mit dem Kammerbeschluß zur Fuckparade annehmen sollte oder, wie ausgeführt wird, "eine Umgehung dieser Rechtsprechung", ist damit kein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit benannt worden, es ist kein von der Rechtsprechung definiertes Schutzgut ersichtlich, gegen welches verstoßen werden könnte.

Das Verfassungsgericht hat darüber hinaus in seinem Kammerbeschluß 1 BvQ 28/01 im Eilverfahren ausgeführt, daß es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, die rechtliche Beurteilung danach zu richten, ob die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist oder ob der Spaß-, Tanz- oder Unterhaltungswert im Vordergrund steht. In der Vornahme einer generellen Gesamtbetrachtung einer Demonstration, um diese als Demonstration zu bewerten, wurde daher kein offensichtlicher Rechtsfehler des Oberverwaltungsgerichts gesehen.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Demonstrationseigenschaft der Fuckparade und der Love Parade erfolgte nicht, was sich schon daraus ergibt, daß das Verfassungsgericht keine Tatsacheninstanz ist und es sich darüber hinaus nicht um ein Hauptverfahren in Form einer Verfassungsbeschwerde gehandelt hat. Das Bundesverfassungsgericht hat zur abschließenden Klärung der Einordnung auf das Hauptsacheverfahren verwiesen.

Es ist daher unzutreffend, daß, wie der Beklagte ausführt, das Bundesverfassungsgericht festgestellt hätte, daß es sich bei der Fuckparade um keine Versammlung gehandelt habe.

Es ist unzutreffend, daß, wie vom Beklagten dargestellt, die Demonstration durch die Mitnahme der Gegenstände ein äußeres Erscheinungsbild erhielte, welches in der Öffentlichkeit mit der geplanten Fuckparade gleichzusetzen wäre.

Die Teilnehmer der Demonstration für die Mittelfreiheit wurden aufgefordert, ihre einheitliche und damit Demonstrationscharakter vermittelnde Meinungskundgabe auch über das Mitführen verschiedener Gegenstände, gleichrangig nebeneinander mechanische Instrumente, Trommeln, Ghettoblaster und auch Transistorradios kundzutun. Das optische Element der Lautsprecherwagen, denen die Teilnehmer folgen, welches bei der Fuckparade vorgesehen war, fehlt.
Selbst wenn man annähme, daß die Teilnehmer der Fuckparade die Musik nur konsumierten, so ist das bei dieser Demonstration nicht der Fall. Vielmehr enthält diese Demonstration das Element, daß die Teilnehmer alle selbst aktiv werden und die Wahl der Mittel, mit denen sie ihr gemeinsames Anliegen zum Ausdruck bringen, selbstbestimmt und verschiedenartig gestalten. Der Aufruf des Klägers war beispielhaft und sollte die Teilnehmer zu Phantasie und Eigeninitiative auffordern.

Die Demonstrationsteilnehmer wenden sich mit den von ihnen auch mitgebrachten Musikinstrumenten und Radios gegen die mögliche Willkür der Behörden, den Demonstrationsbegriff, gerade wenn Musik als Ausdrucksmittel genutzt wird, unzulässig einzuschränken.

Mit dem bloßen visuellem Mitführen dieser Gegenstände zeigen die Teilnehmer die verschiedensten Mittel einer Demonstration auf, die Mitteleinengung ist gerade das zentrale Thema.

Mit dem Musizieren oder Abspielen von Musik von Tonträgern unterstreichen sie Ihre Meinungskundgabe zur Mittelfreiheit, ohne die gleichen Mittel der "Fuckparade" einzusetzen.

Daß die Radios darüber hinaus auch auf den Sender Fritz Radio eingestellt werden können, welcher eine Sondersendung zu diesem Tag geplant hatte, unterstützt nochmals hörbar das gemeinsame Verbundensein der Teilnehmer.

Gerade durch die Auflage wurde die bezweckte Erkennbarkeit der gemeinsamen Willensäußerung als bindendes Band reduziert.

Eine, wie vom Beklagten beschriebene, vergleichbare "Fuckparade mit dem Unterschied, daß die Musik nicht von Wagen gespielt wird, sondern aus Radios", liegt nicht vor.

Ansprachen, nicht musikunterlegte oder durch/ in Musik vermittelte Wortbeiträge, mechanische Musikinstrumente und Radios waren bei der Fuckparade nicht vorgesehen. Der gemeinsame Radioempfang durch mitgebrachte Geräte würde von einem Betrachter nicht allein mit Musik und Tanz assoziiert werden, noch würde der Eindruck einer überwiegend unterhaltenden Veranstaltung entstehen.
Es fehlt hierbei bereits an der Lautstärke, die eine "öffentliche Party" erzeugen würde, die Geräuschkulisse, die sich ergeben würde, wäre auch nicht die der "Fuckparade", da eine vielfältige Geräuschkulisse entstehen würde.
Insbesondere fehlten Lautsprecherwagen, auch wurden die Transparente nicht an Wagen befestigt, sondern von den Teilnehmern getragen.

Selbst wenn diese Kulisse als Musik und Tanz wahrgenommen werden könnte, so wäre das Element der mitgebrachten Geräte (Musikinstrumente und Abspielgeräte auch für/ mit anderer Musik) in ihrer Vielfalt und ihrer vielfältigen Gebrauchsmöglichkeit visuell derart überwiegend, daß hier ein Wille der Meinungskundgabe durch die konkrete Aktion in deutlicher Form hervortritt.

Selbst wenn alle Teilnehmer lediglich Radios mitgebracht hätten, was nicht bezweckt worden ist und auch nicht lebensnah erscheint, und diese auf den Sender Fritz eingestellt hätten, läge erkennbar keine Unterhaltungsveranstaltung oder eine Veranstaltung, bei der die Unterhaltung überwiegt, vor.
Das visuelle Element der mitgebrachten Geräte wäre auch hier deutlich überwiegend, auch würde durch die Gestaltung der Sendung durch die Redebeiträge und die redaktionelle Gestaltung kein Eindruck einer Veranstaltung mit überwiegendem Unterhaltungscharakter entstehen können.


Der Beklagte hat seine "Gefahrenprognose" auf die bloße Vermutung, es solle die "Fuckparade" über Radio stattfinden, gestützt.

Die Fuckparade wurde nicht verboten, vielmehr wurde die konkrete geplante Durchführung dieser Demonstration in Ihrem Erscheinungsbild vom Oberverwaltungsgericht nicht als Demonstration gewertet.

Der Kläger hätte daher auch die "Fuckparade" an sich, mit anderem Erscheinungsbild durchführen können.

Unbeachtet dessen kann nach dem Internetaufruf des Klägers nicht der Eindruck entstanden sein, "der Kläger wolle einen anderen Inhalt als Demonstration, nämlich die Fuckparade" vermitteln.
Die Texte auf den Bannern wiesen einen konkreten Bezug zu den Themen der Demonstration für die Mittelfreiheit auf, nicht zur Fuckparade (z.B. "Tanzen ist auch eine Bewegung", "Free MP3", "Musik ist Ausdrucksform", "Berlin wird sauber, laut Gericht leise").

Wenn der Kläger zum zivilen Ungehorsam aufgerufen hat, so ist darin kein Ungehorsam gegen den Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts in der Art zu sehen, daß die Fuckparade trotz Scheitern des Eilantrages nunmehr per Radioempfang durchgeführt werden sollte.
Vielmehr wird ein "vorauseilender ziviler Ungehorsam" dahingehend dargestellt, gegen mögliche generelle Musik und Tanzverbote bei Demonstrationen, die nunmehr durch die Beklagte zu befürchten sind, da kein abgrenzbares Kriterium zu Ermittlung der Versammlungseigenschaft herausgearbeitet wurde, auch mit den Mitteln der Musik und des Tanzes zu demonstrieren.
Wenn erläutert wurde, daß die Teilnehmer durch die Radios gemeinsam das Soundsystem stellen, das ihnen für die Fuckparade "verboten" wurde, so ist damit nicht das identische Soundsystem der Fuckparade gemeint, sondern grundsätzlich eine auch aus Musik bestehende Geräuschkulisse.

Daß der Berliner Jugendsender "Fritz" als Titel "Fritz macht die Fuck Parade im Radio" zur Ankündigung der Sondersendung gewählt hatte, erfolgte aus Werbegesichtspunkten, um Hörer für diese Sendung zu gewinnen, da die Fuckparade in Berlin bekannt ist und die Musikstile der DJs und MCs zu dieser Sondersendung aus dem Spektrum der "Fuckparade" stammen.

Im Zusammenhang mit der Ankündigung der Radiosendung hat Radio "Fritz" immer darauf hingewiesen, daß im Rahmen der "Demonstration für die Mittelfreiheit auf Demonstrationen" eine Sendung mit ausführlichen Redebeiträgen und Livereportagen zu diesem Thema erfolgen sollte.


Das generelle Verbot des Mitführens der o.g. Geräte verstößt gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und enthält Ermessensfehler.

Es ist nicht ersichtlich, in welcher Form dieses Verbot geeignet sein soll, ein Rechtsgut und wenn ja, welches zu schützen.

Selbst würde anzunehmen sein, daß das Verbot dazu dienen sollte, das Gepräge der Demonstration insoweit zu modifizieren, daß Musik bzw. erkennbarer Musikkonsum zu verhindern sei, mit der ein Außenstehender eine reine Party assoziieren könnte, könnte dieses durch das bloße Mitführen der Geräte nicht erreicht werden, sondern erst durch das Verbot der Nutzung der Geräte.

Auch verstößt das generelle Verbot der Nutzung jeglicher elektronischer Abspielgeräte gegen den Verhältnismäßigkeitgrundsatz.

Ein Außenstehender könnte keine reine Party assoziieren, wenn elektronische Abspielgeräte wie z.B. Walkman und Discman genutzt werden, die nur vom Nutzer an sich gehört werden können.

Tatsächlich wurden unter den 40 sichergestellten Geräten auch solche Geräte von der Polizei sichergestellt.

Das Verbot der Mitnahme von Radios verstößt darüber hinaus gegen die grundgesetzlich geschützte Informationsfreiheit.

Es kann den Teilnehmern nicht verboten sein, generell Radio zu hören und sich zu informieren. Es kann auch nicht verboten sein, gemeinsam einen Sender, hier sogar einen öffentlich rechtlichen Sender zu hören, der eine Sondersendung ausstrahlt, die über die stattfindende Demonstration berichtet.


Zur Zulässigkeit:

Unabhängig davon, ob es sich bei der statthaften Klageart um eine Fortsetzungsfeststellungsklage oder ein Feststellungsklage (vgl. BVerwGE 109, 203 ff., NVwZ 2000, S.63 ff. S.67) handelt, ist die Zulässigkeit gegeben.

Hinsichtlich der Statthaftigkeit der Klage kann offenbleiben, ob diese - entsprechend der bisher ganz überwiegenden Auffassung - aus einer entsprechenden Anwendung von § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO folgt (so noch BVerwG, Urteil v. 23. März 1999, NVwZ 1999, 991 und BVerfG, Beschluss v. 20. Juli 2000, 1 BvR 1245/00), oder ob die allgemeine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO die Annahme einer Regelungslücke bei Erledigung eines Verwaltungsaktes vor Klageerhebung ausschließt (wohl dazu tendierend BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1999, NVwZ 2000, 63), da die (weiteren) Voraussetzungen einer solchen "speziellen Feststellungsklage" letztlich dem § 43 VwGO zu entnehmen sind (BVerwG a.a.O.).

Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides.
Ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung gemäß § 43 Abs. 1 VwGO ist gegeben, da die begehrte Entscheidung des Gerichts geeignet ist, die rechtliche Stellung des Klägers zu verbessern.

Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 besteht auch aufgrund Wiederholungsgefahr.

Der Kläger ist Initiator verschiedener Initiativen aus der Musikszene, die sich vor allem mit der Frage des Rechts auf Nutzung öffentlicher Räume und den Fragen der Verdrängung bzw. Kriminalisierung von Raves (Technoparties) auseinandersetzt und rechnet angesichts der weiteren Auseinandersetzungen auch in Berlin (fortschreitende städteplanerische Entwicklungen in Berlin, insbesondere Berlin Mitte und hiermit verbundene Segregationswirkungen auch hinsichtlich des ursprünglichen Techno, Schließung des Kulturhauses "Im Eimer", Kündigung des Veranstaltungszentrums "Maria am Ostbahnhof") mit ähnlichen Konfliktsituationen bei Demonstrationen, bei denen Musik Mittel der Meinungsäußerung und Meinungsäußerung an sich ist, bei denen er gleiches Handeln befürchten muß.

Dieses zeigt sich zudem an weiteren Verfügungen des Beklagten in Berlin, wie z.B. im Rahmen der Durchführung des Carneval Erotica sowie der geplanten Skater-Demos der Jusos Spandau und der "Berlinparade", die nur unter mitteleinschränkenden Auflagen als Demonstration behandelt wurden bzw. werden sollen, wobei zur Begründung jeweils auf den Kammerbeschluß des BVerfG verwiesen wird.

(vgl. hierzu:
http://www.berlinparade.de,
http://www.jusos-spandau.de,
http://www.BerlinOnline.de/wissen/berliner_zeitung/archiv/2001/0809/lokales/0084/index.html,
http://195.170.124.152/archiv/2001/08/08/ak-be-5510700.html,
http://www.das-parlament.de/29-2001/html/suche_anzeigen_text.cfm?ID=6213)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch anerkannt, daß ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs.4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, es erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. (BVerwG, Urteil vom 23. März 1999, NVwZ 1999, 991 m.w.N.). In Fällen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht fortwirkender Grundrechtseingriffe muß der Betroffene auch dann die Rechtmäßigkeit des Eingriffs gerichtlich klären lassen können, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann.

So liegt es hier, weil der Kläger Veranstalter einer geplanten Demonstration war und er aus Zeitgründen lediglich um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen konnte, der ungeachtet der auch im Eilverfahren gebotenen Prüfungsdichte (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985, BVerfGE 69, 315 ff., S. 364) ein Hauptsacheverfahren nicht ersetzen kann. Dies gilt hier umso mehr, als den Gerichten innerhalb der bis zum geplanten Beginn der Veranstaltung verbleibenden Zeit allein die Auswertung des Beteiligtenvorbringens und der vorgelegten Unterlagen möglich war.

Der Einhaltung einer Klagefrist bedarf es nicht (die Klagefrist wäre ungeachtet dessen in jedem Fall eingehalten). Die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines vor Eintritt der Bestandskraft erledigten Verwaltungsakts ist nicht an die für eine Anfechtungsklage vorgesehene Frist des § 74 Abs. 1 VwGO oder - im Falle unzureichender Rechtsmittelbelehrung - des § 58 Abs. 2 VwGO gebunden (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1999, NVwZ 2000, 63).

Der Kläger hat ordnungsgemäß Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.

Es wird angeregt, das Klageverfahren mit dem Klageverfahren hinsichtlich der ursprünglich vorgesehenen Fuckparade/ Hateparade zu verbinden.

Es wird angeregt, die Akten des Eilverfahrens hinsichtlich der Fuckparade/ Hateparade VG Berlin, 1 A 166.01; OVG Berlin 1 S 11.01, OVG Berlin 1 SN 53.01; BVerfG 1 BvQ 28/01 zuzuziehen, sowie die Akten hinsichtlich des Eilverfahrens der Demonstration für die Mittelfreiheit VG Berlin VG 1 A 231.01; OVG Berlin 1 SN 59.01.

Zu dem Erscheinungsbild der Demonstration in ihrer nunmehr erfolgten Durchführung wird auf die zahlreichen Fotos unter http://www.schnism.org/fpdemo/ verwiesen, wobei es sich jedoch nicht um eine chronologische Darstellung von "offiziellem" Fotomaterial handelt, sondern um private Amateuraufnahmen.


Bock
Rechtsanwältin